Felix Stachelhaus: aria for no audience (artists are still monkeys but without money)
Beschreibung / Description:
Wohin mit uns, ohne Publikum?
Systemrelevantes Splitscreen-Streaming? Kritische Konserven-Kunst? Ist das noch aktionistische Solidaritäts-Selbstinszenierung, oder schon kostenfreie Dauer-Eigenwerbesendung aus dem Wohnzimmer?
Aber digital ist ja eh besser. Das wussten Tocotronic schon 1995.
Vor geschlossenen Theatertüren ein Theaterkollektiv zu gründen ist unpassend – aber wann soll das sein: der richtige Zeitpunkt? Vielleicht gibt es keinen besseren als jetzt!
Zur Gründung des Kollektivs PICNIC entsteht ein digitales Ausweichprojekt, eine Auseinandersetzung mit dem Nicht-Stattfinden kultureller Veranstaltungen, fehlender Nähe, der Spannung zwischen digitalem und unmittelbarem Geschehen.
So kehrt ins leere Lichthof Theater Hamburg plötzlich wieder Leben ein: die fiktive Versammlung eines Publikums, das aus Personen montiert wird, die mit zeit- und räumlichem Abstand einzeln dort gefilmt werden. Sie betrachten eine digitale Performance. Ein Greenscreen zeigt Bilder einer Konserve, ein Lautsprecher spielt eine von Samplelibraries erzeugte Orchestermusik, ein aus einer einzelnen Stimme generiertes Chorkollektiv insistiert „monkeys are artists are monkeys“. Und eine Person im Affenkostüm scheint eine Arie auf Tocotronics Textzeile „Digital ist besser für mich“ zu singen.
Durch die Montage einer Theaterveranstaltung wird der Schmerz deutlich, der darin besteht, dass sie real nicht stattfinden kann.
Konzept: PICNIC
Regie, Kamera, Schnitt: Jens Bluhm
Komposition, Produktion Musik: Felix Stachelhaus
Dramaturgie, Produktionsleitung: Lena Carle
Biografie Autor*in / Biography:
PICNIC (www.team-picnic.com)
Wir sind picnic. Ein Kollektiv aus den Bereichen Gesang, Musik, Video, Schauspiel, Performance und Tanz. Ob in der Oper, der zeitgenössischen Musik oder dem Theater: Uns eint das Gefühl in Konventionen und Strukturen verfangen zu sein und daran etwas ändern zu wollen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Arbeitsweisen für einen anderen Umgang des Zusammenspiels der Disziplinen zu entwickeln. Interdisziplinär sein ist zwar bla-bla, da-da und pic-nic, kann aber auch ungewohnte Perspektiven freilegen.
Deshalb kochen wir jetzt unsere eigene Suppe und nehmen die Gefahr in Kauf, nicht eindeutig zuordenbar zu sein. Im Miteinander, der Herangehensweise, sowie in der Reflexion aller ästhetischen Disziplinen bedeutet uns Gleichberechtigung viel. Unsere Aufführungen changieren kaleidoskopartig zwischen Lecture Performance, Video Art, Oper, Tanzperformance, Schauspiel und Konzert. Kitsch und Avantgarde ziehen uns gleichermaßen an.
Wir halten wenig von alten Meistern und großen Werken. Was ist ein Werk? Wer steht hinter dem Herd? Jenseits der großen Meister werden wir zu unseren eigenen Übermusen. Schaffen Raum für Widersprüche, gewagte Perspektiven, Spinnereien und gegenwärtigen Kontext.
Rührt eure Suppe selber um. Keine*r räumt hinter euch auf!
picnic sind: Jens Bluhm, Lena Carle, Anna Eger, Meredith Nicoll, Felix Stachelhaus, Mona Vojacek Koper, Gianna-Sophia Weise und andere Kollaborateur*innen.
JENS BLUHM
geboren 1986 in Flensburg. Regiestudium am Max Reinhardt Seminar in Wien. 2012 bis 2015 Regieassistent an den Münchner Kammerspielen u.a. bei Johan Simons, René Pollesch, Stefan Pucher und Sebastian Nübling. Dort auch eigene Inszenierungen. Seit 2015 freischaffend.
www.jensbluhm.com
LENA CARLE
geboren 1993, 2012 bis 2015 Studium der Theaterwissenschaft an der LMU München. Hospitanzen und Assistenzen im Bereich Dramaturgie, Regie, Produktion, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit u.a. an den Münchner Kammerspielen und dem DOK.fest München. Seit 2016 Dramaturgiestudium, Schwerpunkt Schauspiel, an der Theaterakademie Hamburg. 2019 – 2020 Dramaturgin am Schauspiel Kiel.
MEREDITH NICOLL
geboren in Portland, USA. Diplom für German Studies an der University of Southern California, Diplom in Musik und Theaterwissenschaften in Berlin. 2013 Abschluss Gesangsstudium an der HfMT „Felix Mendelssohn-Bartholdy” in Leipzig. Wissenschaftliche Mitarbeiterin & Dissertation an der HfMT Hamburg. Preise bei verschiedenen Gesangswettbewerben, Gast an der Oper Leipzig, Performerin in verschiedenen Theaterprojekten, Teil des Solistenensemble Phønix16 für Neue Musik Berlin.
meredithnicoll.com
FELIX STACHELHAUS
geboren 1991 in Essen. Studierte Schlagzeug und Komposition an HfMT Köln, HfMT Hamburg, EMTA Tallinn, KMH Stockholm und CNSMD Lyon. Freischaffend tätig als Solist (ISCM World Music Days, Tonhalle Düsseldorf), Ensembleschlagzeuger (DeDoelen Rotterdam, notabu.ensemble Düsseldorf, ENM Tallinn), Improviser (Moers Festival, Wuppertaler Jazzmeeting) und Komponist (Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, BR, Kammerakademie Potsdam).
felixstachelhaus.portfoliobox.net
Interpret*innen und Ort / Interprets and Location:
Interpret*innen:
Meredith Nicoll: Gesang und Performance (Hamburg, Mai 2020)
NotePerformer/Finale/MaxMSP/Reaper/MacBook Pro 2012: Orchester und Elektronik (Hamburg, Mai 2020)
Publikum:
Michelle Affolter, Jens Bluhm, Kristina Bremer, Lena Carle, Tammo Fröhlich, Julia Hart, Lisa Hofer, Linus Kleinlosen, Lars Kracht, Hauke Kranz, Philipp Krebs, Kristin Kuldkepp, Marten Lange, Véronique Langlott, Lena Lappat, Gesine Lenz, Andrea Lerchl, Mason Milam, Lola Mlacnik, Karsten Moths, Thies Mynther, Marlane Nigbur, Johann Jacob Nissen, Joana O’Neil, Silke Rudolph, Merlin Sandmeyer, Falk Schreiber, Felix Stachelhaus, Lilly Stachelhaus, Caroline Walker, Mascha Wehrmann, Gianna-Sophia Weise
(Lichthof Theater Hamburg, 3.-5.5. 2020)