Francisco C. Goldschmidt: RUIL

Beschreibung / Description:

Francisco C. Goldschmidt (Komposition) und Nicolás Rupcich (Video) kennen sich nun seit mehr als zwanzig Jahren und haben erstmals 2005, und zuletzt 2017 zusammengearbeitet. Die Realisierung dieses neuen Werkes ergibt sich also auf ganz natürliche Art und Weise, da wir eine ähnliche Sensibilität teilen, welche sich sowohl in unseren jeweiligen Arbeitsfeldern manifestiert als auch in einer gemeinsamen Arbeit wunderbar in Einklang kommt.

Die Musik zu RUIL, komponiert für E-Gitarrenquartett, thematisiert das Problem des Labyrinths. In erster Linie ist sie das Ergebnis einer Verschmelzung zweier ähnlicher Stimmen, die sich auf verwirrende Weise vermischen, wobei ihre Klänge stetig versuchen, sich zu treffen, ohne dabei aber jemals wirklich zusammenzufinden. Diese “Doppelstimme” stellt – wie sich gegenseitig abstoßende Magnete – eine dunkle, tiefe Zone dar, die in sich einen Zustand der Verschmelzung birgt und dauerhaft hinausschiebt, was dem Gesamtklang eine Dicke und ein Gefühl der Unschärfe verleiht. Zusätzlich zu diesem Fluss interagieren zwei weitere Ebenen miteinander und gleichsam gegen die Zwillingsstimme; diese, heller und mit prägnanteren Attacken, erzeugen ein Geflecht aus unharmonischen Obertönen, die einen hohefrequentigen Nachhall bilden, der das gesamte Klangspektrum erweitert und verzerrt.

Für das Video zu RUIL stützt sich der Videokünstler auf Ideen, die sich auf seine fotografischen und audiovisuellen Experimenten der letzten Jahre beziehen. In diesen hinterfragt er die Materialität digitaler Bilder und ihre Stabilität, welche auf dem Einsatz komplexer Lichtsituationen und ihrer Dekonstruktion beruhen.

In diesem Sinne führt die visuelle Arbeit in diesem Projekt zu einer komplexen Mischung von Schichten von bei Nacht und mit künstlichem Licht aufgenommenen Bildern von Wäldern, die, wenn sie in einem besonderen Verhältnis von Leuchtkraft und Bewegung überlagert werden, neue Bilder erzeugen, in denen wiederum die Vorstellung dieses ursprünglichen oder anfänglichen Elements jeder Szene allmählich verloren geht. Aus dieser ganzen Prozedur entstehen eine Art von „Poly-Images“, die einer bestimmten Anordnung eine spezielle Atmosphäre erzeugen, welche kontinuierlich von der Klangstimmung des von Goldschmidt komponierten Stückes ergänzt und angereichert wird.

Der Titel Ruil spielt auf den gleichnamigen, in Chile endemisch vorkommenden Baum an, der möglicherweise der älteste der Gattung Nothofagus auf der Südhalbkugel ist. Diese Art wird seit 2007 als offiziell vom Aussterben bedroht eingestuft.

Biografie Autor*in / Biography:

BIO – Komponist

Francisco C. Goldschmidt (1981), Preisträger des Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendiums für Komposition 2016 der Stadt Köln, lebt und arbeitet seit 2011 als Komponist in Köln. 2019 erhielt er das Residenzstipendium des Künstlerdorfes Schöppingen und wurde beim „Forum junger Komponisten 2020“ der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München ausgezeichnet.

Die sechs Stücke, die sein Musiktheater „ELOY –Musik mit Bildern der Isolation“ (2013–laufende Arbeit, 90 Min.) ausmachen, wurden mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, darunter CNCA–Stipendium in 2013 und 2016, RheinSilver–Award 2014 in Köln, sowie mit einem zweiten Preis beim Felix–Mendelssohn– Bartholdy–Hochschulwettbewerb 2014 in Berlin, dem Bernd–Alois–Zimmermann–Stipendium der Stadt Köln 2016 und der Auswahl–2017 für unabhängige Projekte des Referats für Musik der Stadt Köln.

F. C. Goldschmidt studierte an der Universität von Chile Komposition bei Cirilo Vila und Aliocha Solovera. Anschließend absolvierte er ebendort ein Masterstudium in Kunsttheorie und –Geschichte bei Dr. Sergio Rojas. Er wurde als Stipendiat vom Nationalen Rat für Kultur und Künste Chile gefördert und schloss sowohl einen Master of Music als auch ein Konzertexamen in Instrumentaler Komposition an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei Johannes Schöllhorn mit Auszeichnung ab.

BIO – Videokünstler

Nicolás Rupcich (1981) wurde in Santiago, Chile, geboren. Er lebte jahrelang im Süden Chiles, auf der Insel Chiloé. Danach zog er zurück nach Santiago, wo er einen Bachelor-Abschluss und einen Master-Abschluss in Bildender Kunst machte. Im Jahr 2013 zog er mithilfe eines DAAD-Stipendiums nach Leipzig, um an der HGB Leipzig ein Meisterschüler-Studium in Medienkunst zu absolvieren.

Rupcich arbeitet mit verschiedenen Medien, wobei er sich vor allem auf das Experimentieren mit Fotografie, Video und digitaler Animation spezialisiert hat. Seine Arbeiten konzentrieren sich auf spezifische Eigenschaften der digitalen Bildproduktion, die Konventionen der Darstellung hervorgebracht hat, die unsere Erwartungen an die Realität ständig verändern.

In vielen seiner Projekte hat die Beziehung zwischen Bild und Landschaft eine große Bedeutung. Das Konzept der Natur betrachtet er als einen, durch digitale Medien derart manipulierten Raum, dass er in das Genre der Fiktion übergeht.

Seine Arbeiten nehmen meistens die Form von Installationen an. Diese greifen, obwohl sie auf neuen Medien basieren, visuelle Referenzen aus der klassischen Malerei auf und gleichzeitig eine Ästhetik, die im Minimalismus und Post-Minimalismus ihren Ursprung hat.

Er hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen und stellte seine Videoarbeiten auch bei großen internationalen Video- und Medienkunstfestivals wie der Ars Electronica in Linz, der Transmediale in Berlin, dem FILE-Festival in Sao Paulo und dem Loop-Festival in Barcelona aus.

Interpret*innen und Ort / Interprets and Location:

  • RUIL (2019) für vier E-Gitarren und Video; Cologne Guitar Quartet (Tal Botvinik, Henrique Almeida, Ptolemanios Armaos, Tobias Juchem)
  • Live Recording: 28.11.2019 / WERFT Festival / Alte Feuerwache Köln
  • Film by Nicolás Rupcich, 2020

 

 

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