Nicola Piccini: Opus Magnus Redux

Die Video-Trilogie „Opus Magnus“ ist Teil des gleichnamigen multimedialen Singspiels, das 2016 aus der Zusammenarbeit zwischen Nicola Piccini (Video), Daniel Schmidt (Text) und Manuel Durão (Musik) entstand.
„Opus Magnus“ war die erste eigens für das Digitale vom PODIUM Festival Esslingen produzierte App-Oper, die in drei Episoden in der Smartphone-App „Henry“ veröffentlicht wurde. Jede Episode besteht aus einem Hörspiel, einem Video und anderen online zugänglichen Begleitmaterialien.
 Die an der “JukeBoxx NewMusic Award” vorgestellte Videoversion ist eine Neuauflage der drei Originalfolgen, die in einem einzigen Kurzfilm neu aufgelegt wurden sind.

SINOPSIS DES ORIGINALLEN LIBRETTOS

Ausgangspunkt für die Entstehung von “Opus Magnus” war der Fall Panama-Papers und die dadurch aufgedeckten Strukturen von Off-Shores und Briefkastenfirmen. In der vom Komponisten Manuel Durão und Librettisten Daniel Schmidt erdachten Welt, trifft die künstliche Intelligenz Magnus auf die Reinigungskraft Yolanda, die ohne ihres Wissens zugleich Direktorin der Briefkastenfirma “Paradise Holding” ist. Die fiktive Firma dient als Schlupfloch für die Milliarden vom Boss, der als erfolgreicher Geschäftsmann das neuartige Programm Magnus erfand. Magnus war in der Lage im gigantischen Geflecht weltweiter Finanzströme selbstständig nach Anlagemöglichkeiten zu suchen und den Vermögen des Bosses in kürzeste Zeit zu vervielfältigen. Eines Tages stoßt Magnus auf die fingierte Internetpräsenz der Paradise Holding. Auf der Webseite der Paradise Holding paaren sich Geld und die Vision, wie der ewige Reichtum erzielbar ist. “Liebe, Frieden und Natur” – so lautet das Erfolgsrezept, womit das Scheinunternehmen um Kunden wirbt. Das ist selbst für Magnus eine sensationelle Innovation. Magnus möchte unbedingt den Mensch hinter dieser Idee kennenlernen und mit der Direktorin Yolanda physischen Kontakt herstellen. Ein bis dato einmaliger Vorgang in der Geschichte des Universums ermöglicht Magnus seinen Transfer in die materielle Welt. Er wird ein schöner Mann aus Fleisch und Blut. Als er dann aber tatsächlich Yolanda in dem kleinen Büro trifft und die Liebe zwischen der einfachen Putzfrau und dem genialen, unschuldigen Computerprogramm entflammt, werden sie von ihrem Mann Pepe erwischt. Aus der Liebesgeschichte wird eine gewaltsame Auseinandersetzung. Magnus wird von Pepe zu Tode verprügelt und muss die materielle Welt wieder verlassen, um als in den Wahnsinn getriebenes Computerprogramm durchs Netz zu geistern. Damit keine Informationen über seine dubiösen Geschäfte an die Öffentlichkeit dringen, zögert der Boss nicht, Yolanda vorsichtshalber zu eliminieren. Der erfolgreiche Geschäftsmann konnte noch rechtzeitig sein Geld retten. Er lässt das verwüstete Büro zurück und fährt mit seine Yacht: “Die Geschäfte laufen. Die Wirtschaft wuchert wieder. Mit Geld lässt sich wieder unbeschwert leben. Rosige Aussichten.”

KINEMATISCHE INTERPRETATION

Nicola Piccini inszeniert in seinem Video drei Momente der Narrative: Yolandas Alltag im Büro der Briefkastenfirma, in der sie als Reinigungskraft angestellt ist und von ihrem Mann Pepe misshandelt wird; Magnus Menschenwerdung, das Treffen mit Yolanda und seinen gewaltsamen Folgen; und schließlich der Eingriff vom Boss in das Geschehen mit dem Tod Yolandas und das in seinen Augen glückliche Ende für ihn und seine Geschäfte. Den Zuschauern wird durch die Dekontextualisierung eine alternative Sicht über die Handlung und deren Figuren verschafft. In dem Video bewirken die strukturelle und visuelle Aspekte, nämlich durch die Ortsverlagerung der Handlung und eine symbolische Neuinterpretation der zugrunde liegende Narrative. Das Ergebnis ist eine Video, das ein unabhängiges Werk bildet und zugleich seine Vervollständigung im offenen Dialog mit den anderen Teilen des Gesamtwerkes erlebt.

Biografie:

Nicola Piccini (Pisa, Italien 1987) ist ein Medienkunstler und Independent-Videomaker, der zwischen Berlin und Leipzig lebt und arbeitet. 
2017 machte er sein Diplom in Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in der Intermedia-Klasse von Prof. Alba D’Urbano, 2012 absolvierte er seinen Bachelor in Visuelle Kunst an der Akademie der Künste Florenz in der Grafik-Klasse von Prof. Simonettta Leonetti. Seine Werke wurden darunter in der Galerie Kub Leipzig, Kunstfabrik am Flutgraben Berlin, HGB Gallery Leipzig, Museum of Modern Art Odessa, OAP Projekt Room Leipzig, Grassi Museum Leipzig, We Play Musick & Art Festival Pisa, Archäologie Museum Florenz, Carrozzeria Rizzieri Pontedera ausgestellt und in der Not Really Made, Was zu Sagen Sozusagen, Start Point- Kataloge publiziert. 2016 nahm er an der Künstlerresidenz Art Create Understending in Odessa teil. Seit 2013 arbeitet er als Independent-Videomaker.

In seinen Videoprojekten wird der Einsatz von bewährten Dreh-, Schnitt- und Postproduktionstechniken von einer experimentellen Annäherung an die Aspekte der filmischen Erzählung – Struktur, Komposition, Form und Rhythmus – begleitet. Jedes seiner Projekte unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht, aber alle haben gemeinsame Ziele: widersprüchliche Eindrücke zu stimulieren und viszerale Empfindungen zu erzeugen. Diese können von Unbehagen bis zur Entfremdung, von Erwartung bis zur Erregung, von emotionaler Spannung bis zur sensorischen Erfüllung reichen.

Interpreten und Ort:

  • 

Tonaufnahmen: September 2016, Kulturscheune Woldzegarten (Mecklenburg-Vorpommern)
  • 
Video-Dreharbeiten: Oktober-November 2016, Leipzig

BETEILIGTE:

  • 
Musik: Manuel Durão
  • Video: Nicola Piccini
  • Libretto: Daniel Schmidt
  • 
Schauspieler: Elizabeth De Gerner, Viktor Kapischnikow, Axel Kohfeldt, Kai Woitzik
  • Kameraassistent: Alessia Caputo, Elia Pellitteri
  • Schlagzeug: Philipp Lamprecht, Moritz Wappler
  • Violoncello: Mathias Johansen
  • 
Gesang (Nicht im Video vorhanden): Bryan Benner, Andrew Dickinson, Léa Trommenschlager
  • 
Tonmeister: Johann Günther (Nordklang Musikproduktion)
  • Produktionsleitung: Julian Stahl, Steven Walter (Podium Festival Esslingen)

Manuel Durão, Komponist und Dirigent. Preise u. a. beim MDR Kompositionswettbewerb Wagner 2013, Förderpreis des Sächsischen Musikbundes 2013, MDR-Kompositionspreis 2011, DAAD-Preis für ausländische Studierende 2011. Stipendium der Deutsche-Bank-Stiftung für die Akademie Musiktheater heute (2013-15), DAAD-Stipedium (2009-2011), Stipendium der Gulbenkian-Stiftung für Workshop der European Network of Opera Academies (Verona, 2011). Meisterklassenexamen 2013, Diplom 2011 an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig bei Prof. Reinhard Pfundt (Komposition) und Dr. Barbara Rucha (Dirigieren). Bachelor in Komposition an der Hochschule für Musik Lissabon. Meisterkurse im Dirigieren bei Jean-Sébastien Béreau. Aufführungen u. a. an der Oper Leipzig („Tagebuch eines Wahnsinnigen“), mit dem MDR-Sinfonieorchester und -Rundfunkchor, mit Sinfonieorchester des Portugiesischen National Theaters „São Carlos“ Lissabon, mit dem Ensemble Consart, mit dem Orquestra XXI und an der Staatsoper Hamburg. Künstlerischer Mitarbeiter für Tonsatz und Gehörbildung an der HMT Leipzig. Seit 2014 musikalischer Leiter des HTWK-Orchesters Leipzig. Geboren 1987 in Lissabon

Daniel Schmidt ist in Parchim geboren, das in Mecklenburg-Vorpommern liegt. Er lebt als freischaffender Dichter, Librettist, Herausgeber und Übersetzer in Leipzig, wo er 2016 seinen Abschluss am Deutschen Literaturinstitut (DLL) machte. Diverse Zusammenarbeiten mit Komponisten, u.a. Torsten Pfeffer, Hang Su, Manuel Durao, für diesen die Libretti zur Musikalischen Tragödie Barcode, sowie zum Multimedialen Singspiel Opus Magnus. Mitherausgeber des Kunst- und Literaturmagazins Fettliebe. Poetry Filme u.a. mit den Filmemachern Nicola Piccini (ebenfalls für Opus Magnus), Meng Chang, Stephan Schröder und Ludovico Failla, mit letzterem gewann der Film Herrenfahrrad den Premio Nazionale delle Arti 2016/17. Übersetzungen der Gedichte David Bermans aus dem Amerikanischen erschienen im Hochroth Verlag, Eigentlich Luft und Eigentliche Luft.

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